Die spanische
Telefonica! Silver Wheaton! Philip Morris International! Wer täglich durchs
Netz surft, kann sich vor Aktientipps kaum retten. Wer zudem Zeitschriften
kauft, kann wohl jede Woche unter mindestens 30 Tipps auswählen, jeden Monat
unter 120, jedes Jahr unter vermutlich mehr als 6000... An mangelnden Tipps
liegt mein mässiger Erfolg als Anleger ganz bestimmt nicht.
Heute bin ich
über eine alte Ausgabe der Zeitschrift Börse online gestolpert. Titel:
„Deutschlands wahre Wachstumswerte“ (Börse online 25/11, 16.6.–22.6.2011). Darin stellt die Redaktion ein Ranking von 30
besonders wachstumsstarken deutschen Aktien vor.
18 davon wurden
damals zum Kauf empfohlen, die anderen zum „Beobachten“. Wie haben sich diese
Titel geschlagen? Hier eine Bilanz. Den aktuellen Preis habe ich ein paar
Stunden nach Börsenschluss auf www.boerse-frankfurt.de herausgesucht, also Börsenplatz
Frankfurt. Ich musste feststellen, dass einige Preise sich danach nochmal
leicht änderten, aber das soll hier keine Rolle spielen.
Bertrandt: von 52,08 auf 54,97 Euro
Hochtief: von 58,95 auf 37,96
LPKF Laser & Electronics: von 12,48 auf 11,16
Eurokai VZ: von 25,90 auf 17,62
CTS Eventim: von 50,29 auf 2 x 26,70
= 53,40 (1:2-Split)
Sto VZ: von 115,00 auf 111
RTT Realtime Technology: von 28,96 auf 23,27
Nemetschek: von 31,32 auf 29
Fuchs Petrolub VZ: von 113,05 auf 3 x 41,08 = 123,24 (1:3-Split)
Gerry Weber: von 46,20 auf 2 x 29,43 = 58,86 (1:2-Split)
Highlight Communications: von 4,59 auf 3,26
Gesco: von 59,70 auf 56,60
Comdirect Bank: von 8,10 auf 7,19
Software AG: von 39,34 auf 23,00
Berthold Hermle VZ: von 82,00 auf 89,20
Adidas: von 49,75 auf 57,90
SAP: von 42,22 auf 46,46
Fielmann: von 75,76 auf 70,90
Elf der achtzehn Werte sind heute billiger als zum Zeitpunkt der
Empfehlung. (Hoffentlich habe ich keinen Aktiensplit übersehen!)
Die Aussagekraft meiner Erhebung? Ziemlich gering. Der Anlagehorizont
sollte bei Aktien ja wohl mindestens drei Jahre betragen, und Börse online hat
die genannten Werte erst vor einem Jahr empfohlen. Daher war ich auch zu faul,
die prozentuale Veränderung dieses hypothetischen Portfolios auszurechnen. Aber
ich finde es tröstlich, dass eine Börsenzeitschrift in über 50 Prozent der
untersuchten Empfehlungen rote Zahlen schreibt... Denn in meinem eigenen Portfolio
sieht es nicht viel besser aus.
Was aber sollte der Aktienfan mit der Flut von Empfehlungen machen, die
Woche für Woche über ihn hereinbricht? Wer keine neuen Aktien kaufen will,
ignoriert die Tipps vermutlich sowieso. Und wer an Neukäufen interessiert ist,
sollte eine Formel haben, mit der er jeden Titel untersucht. Gab es
Insiderkäufe? Welche Margen hat die Firma? Wie hat der Markt auf die letzten
Quartalszahlen reagiert? Je nach seinem Anlagestil wird jeder Anleger andere
Kriterien bevorzugen. Manche erschrecken bei einem KGV von 30 und übersehen,
dass das Wachstum einer Firma eine solche Bewertung rechtfertigen kann, andere
schrecken vor Schnäppchen zurück, die bei einem KGV von 6 unter Buchwert
notieren, weil sie dort nur „Value-Fallen“ und „fallende Messer“ sehen.
Nur eines ist klar: Es ist sinnlos,
die Schuld an einem schlechten Investment auf die Zeitschrift zu schieben, die es
empfohlen hat. Der Anleger ist immer selber Schuld. So wie ich an meinen
tiefroten RWE-Aktien...
Nur Mut mit RWE! Ich glaube, der Wert ist besser als sein Ruf. Du bist halt gerade dabei, während die Kanonen donnern!
AntwortenLöschenAnsonsten wirklich eine spannende Aufstellung. Das habe ich mir mit der Wirtschaftswoche auch schon mal vorgenommen...
Danke für die Aufmunterung! Ja, ich will mit RWE durchhalten. Um mein Portfolio ein bisschen ausgewogener zu gestalten, verzichte ich halt darauf, bei RWE nachzukaufen und kaufe stattdessen Wachstumstitel, die keine Dividenden zahlen.
AntwortenLöschenAuch SAP interessiert mich, das ist vielleicht sogar Wachstum + Dividende.
SAP reizt mich auch sehr. Die Vorstellung, dass praktisch alle großen Unternehmen von ihrer Software abhängen macht das Geschäft sehr verlockend...
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