Samstag, 16. Juni 2012

"Deutschlands wahre Wachstumswerte" nach Börse online: eine Bilanz


Die spanische Telefonica! Silver Wheaton! Philip Morris International! Wer täglich durchs Netz surft, kann sich vor Aktientipps kaum retten. Wer zudem Zeitschriften kauft, kann wohl jede Woche unter mindestens 30 Tipps auswählen, jeden Monat unter 120, jedes Jahr unter vermutlich mehr als 6000... An mangelnden Tipps liegt mein mässiger Erfolg als Anleger ganz bestimmt nicht.

Heute bin ich über eine alte Ausgabe der Zeitschrift Börse online gestolpert. Titel: „Deutschlands wahre Wachstumswerte“ (Börse online 25/11, 16.6.–22.6.2011).  Darin stellt die Redaktion ein Ranking von 30 besonders wachstumsstarken deutschen Aktien vor.

18 davon wurden damals zum Kauf empfohlen, die anderen zum „Beobachten“. Wie haben sich diese Titel geschlagen? Hier eine Bilanz. Den aktuellen Preis habe ich ein paar Stunden nach Börsenschluss auf www.boerse-frankfurt.de herausgesucht, also Börsenplatz Frankfurt. Ich musste feststellen, dass einige Preise sich danach nochmal leicht änderten, aber das soll hier keine Rolle spielen.

Bertrandt: von 52,08 auf 54,97 Euro
Hochtief: von 58,95 auf 37,96
LPKF Laser & Electronics: von 12,48 auf 11,16
Eurokai VZ: von 25,90 auf 17,62
CTS Eventim: von 50,29 auf  2 x 26,70 = 53,40 (1:2-Split)
Sto VZ: von 115,00 auf 111
RTT Realtime Technology: von 28,96 auf 23,27
Nemetschek: von 31,32 auf 29
Fuchs Petrolub VZ: von 113,05 auf 3 x 41,08 = 123,24 (1:3-Split)
Gerry Weber: von 46,20 auf 2 x 29,43 = 58,86 (1:2-Split)
Highlight Communications: von 4,59 auf 3,26 
Gesco: von 59,70 auf  56,60
Comdirect Bank: von  8,10 auf 7,19
Software AG: von 39,34 auf 23,00
Berthold Hermle VZ: von 82,00 auf  89,20
Adidas: von 49,75 auf  57,90
SAP: von 42,22 auf 46,46
Fielmann: von 75,76 auf 70,90

Elf der achtzehn Werte sind heute billiger als zum Zeitpunkt der Empfehlung. (Hoffentlich habe ich keinen Aktiensplit übersehen!)

Die Aussagekraft meiner Erhebung? Ziemlich gering. Der Anlagehorizont sollte bei Aktien ja wohl mindestens drei Jahre betragen, und Börse online hat die genannten Werte erst vor einem Jahr empfohlen. Daher war ich auch zu faul, die prozentuale Veränderung dieses hypothetischen Portfolios auszurechnen. Aber ich finde es tröstlich, dass eine Börsenzeitschrift in über 50 Prozent der untersuchten Empfehlungen rote Zahlen schreibt... Denn in meinem eigenen Portfolio sieht es nicht viel besser aus.

Was aber sollte der Aktienfan mit der Flut von Empfehlungen machen, die Woche für Woche über ihn hereinbricht? Wer keine neuen Aktien kaufen will, ignoriert die Tipps vermutlich sowieso. Und wer an Neukäufen interessiert ist, sollte eine Formel haben, mit der er jeden Titel untersucht. Gab es Insiderkäufe? Welche Margen hat die Firma? Wie hat der Markt auf die letzten Quartalszahlen reagiert? Je nach seinem Anlagestil wird jeder Anleger andere Kriterien bevorzugen. Manche erschrecken bei einem KGV von 30 und übersehen, dass das Wachstum einer Firma eine solche Bewertung rechtfertigen kann, andere schrecken vor Schnäppchen zurück, die bei einem KGV von 6 unter Buchwert notieren, weil sie dort nur „Value-Fallen“ und „fallende Messer“ sehen.

Nur eines ist klar:  Es ist sinnlos, die Schuld an einem schlechten Investment auf die Zeitschrift zu schieben, die es empfohlen hat. Der Anleger ist immer selber Schuld. So wie ich an meinen tiefroten RWE-Aktien...  

  
 


3 Kommentare:

  1. Nur Mut mit RWE! Ich glaube, der Wert ist besser als sein Ruf. Du bist halt gerade dabei, während die Kanonen donnern!

    Ansonsten wirklich eine spannende Aufstellung. Das habe ich mir mit der Wirtschaftswoche auch schon mal vorgenommen...

    AntwortenLöschen
  2. Danke für die Aufmunterung! Ja, ich will mit RWE durchhalten. Um mein Portfolio ein bisschen ausgewogener zu gestalten, verzichte ich halt darauf, bei RWE nachzukaufen und kaufe stattdessen Wachstumstitel, die keine Dividenden zahlen.

    Auch SAP interessiert mich, das ist vielleicht sogar Wachstum + Dividende.

    AntwortenLöschen
  3. SAP reizt mich auch sehr. Die Vorstellung, dass praktisch alle großen Unternehmen von ihrer Software abhängen macht das Geschäft sehr verlockend...

    AntwortenLöschen