Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wikifolio? Ja, vielleicht!

Es ist schon verblüffend, wie viele Klicks mein Post „Wikifolio? Nein, danke!“ in den letzten Wochen angezogen hat, immerhin ist er über acht Monate alt. Offenbar gibt es immer mehr Anleger, die sich für das Thema interessieren, und neutrale Informationen lassen sich nicht leicht finden. Ganz neutral bin ich nicht, aber neutraler als das Handelsblatt bin ich allemal. Denn das Handelsblatt ist „strategischer Partner und Finanzinvestor von wikifolio.com“, wie auf wikifolio.com nachzulesen ist. Da ist also nur positive Berichterstattung zu erwarten. (Gäbe es die deutsche Financial Times noch, wäre dort vermutlich nur negative Berichterstattung zu erwarten, da das konkurrierende Handelsblatt bei wikifolio mitmischt. Soweit meine Meinung zur Objektivität der Presse.)

Wenn ich im Handelsblatt lese, dass die „Social-Trading-Plattform“ Wikifolio sich immer grösserer Beliebtheit erfreut, glaube ich das gern, denn „Wikifolio“ hat mir ziemlich viele Klicks beschert. Ich interpretiere das Interesse an Wikifolio folgendermassen: viele Anleger suchen einen Erleuchteten, der ihnen Anlage-Entscheidungen abnimmt und sie mit seiner Strategie reich macht. Und dass es den einen oder anderen Erleuchteten gibt, der andere reich macht, steht ausser Frage: Warren Buffett ist so einer. Wer vor 20 Jahren Berkshire-Hathaway-Aktien gekauft und bis heute gehalten hat, dem kann man nur gratulieren. Die Frage ist nur, ob mit Wikifolio derselbe Erfolg möglich ist wie mit Aktien von Berkshire Hathaway.

Wikifolio-Fans behaupten gerne, die Trader, deren Strategien ein Wikifolio abbildet, seien besser als professionelle Fondsmanager. Eine schwer überprüfbare Behauptung. Ich denke mal, dass die Wikifolio-Trader im Durchschnitt genauso gut oder schlecht sind wie Fondsmanager. Das bedeutet: wer ins richtige Wikifolio investiert, kann damit durchaus Geld verdienen. Wer ins falsche Wikifolio investiert, kann Geld verlieren. Wie findet man das richtige Wikifolio? Ich weiss es nicht. Man muss sich wohl die Strategien von möglichst vielen Tradern genau durchlesen und schauen, ob man sie versteht und sich damit anfreunden kann. Wer wie ich nichts mit Bollinger-Bändern anfangen kann (yep, jetzt habe ich mich wieder als Ignorant geoutet!), der sollte womöglich nicht in ein Wikifolio investieren, wo mit Bollinger-Bändern gearbeitet wird. Da ich kaufen und halten bevorzuge, sollte ich eines suchen, dessen Trader nicht jede Woche tradet, sondern eher „buy and hold“ praktiziert – solche Wikifolios existieren ja auch.

Ich persönlich habe noch nie in ein Wikifolio investiert, habe mir aber vorgenommen, auf onvista.de ein virtuelles Musterdepot mit ein paar Wikifolios zusammenzustellen, nur so zum Spass. Womöglich laufen die ja besser als meine Aktien. Sollte ich einen Trader entdecken, dessen Strategie mir zusagt, könnte ich mir eventuell auch ein reales Investment vorstellen. Insofern hat sich meine Meinung in den letzten acht Monaten geändert: Wikifolios generell abzulehnen, wäre schlicht und einfach falsch.


Da Wikifolios Zertifikate sind, würde ich allerdings sehr zurückhaltend investieren – sagen wir mal, 2 bis maximal 5 Prozent meines Gesamtportfolios. Immerhin existiert ja ein Emittenten-Risiko. Und so klein dieses auch sein mag: niemand sollte sein gesamtes Vermögen in Zertifikate investieren, ob sie nun Wikifolio heissen oder nicht.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Lange Haltedauer = guter Anleger

„Einen guten Anleger können Sie mitunter an der Halteperiode ausmachen. Kurzfristdenken ist Gift“, schreibt Tim Schäfer heute in seinem Blog.

Ich kann da nur zustimmen und gleichzeitig zugeben, dass meine Halteperioden mich als mittelmässigen bis schlechten Anleger kennzeichnen. Viel zu viele Aktien habe ich viel zu früh verkauft. Erst nach und nach gelingt es mir, den Verkaufswunsch zu unterdrücken, wenn eine Aktie mal 40 oder 50 Prozent zugelegt hat. Übrigens: noch vor ein, zwei Jahren kam der Verkaufswunsch schon bei 15 bis 20 Prozent Gewinn auf. Insofern habe ich ziemliche Fortschritte gemacht.

Jüngstes Beispiel ist die Aktie von Metro, die ich vor kurzem mit 48 Prozent Gewinn verkauft habe. Vermutlich werde ich in ein paar Monaten feststellen, dass 100 Prozent Gewinn möglich gewesen wären, aber was soll´s? Ich hatte Metro rund ein Jahr lang im Portfolio liegen, immerhin.

Sollte ich mich dazu aufraffen, eine Liste meiner Fehl-entscheidungen zu machen, weiss ich schon jetzt, wo ich die meisten Fehler gemacht habe: nicht mit dem Kauf von Flops wie K+S, deren Wert sich von heute auf morgen halbiert, sondern mit zu frühem Verkaufen. Hätte ich alle meine Gewinner gehalten, anstatt nach ein paar Monaten 20 oder 30 Prozent Gewinn mitzunehmen, sähe mein Portfolio viel besser aus. Viel, viel besser.