Sonntag, 16. Dezember 2012

Aktien und "Action Bias"


Vor einiger Zeit habe ich „Die Kunst des klaren Denkens” von Rolf Dobelli gelesen (Untertitel: „52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen“). Viele dieser Denkfehler betreffen auch Anleger, ich kann das kleine Büchlein also nur empfehlen. Einer dieser Denkfehler betrifft mich ganz besonders: der sogenannte „Action Bias“. Der Begriff bezieht sich darauf, dass Menschen im Zweifelsfall lieber zum Handeln als zum Nichtstun neigen, obwohl Nichtstun oft die bessere Option ist. Dobelli nennt als Beispiel den Torwart beim Elfmeter, wo es statistisch gesehen vielversprechender sei, einfach in der Mitte stehen zu bleiben –das sehe jedoch doof aus, weswegen die meisten Torhüter lieber in eine Ecke springen und hoffen, dass sie Glück haben.

Mich hat der Action Bias zu hektischem Traden veranlasst (http://meineaktien.blogspot.com/2012/08/hin-und-her-macht-kassen-leer-2-kleine.html), mit dem ich Gewinne sichern wollte, auch wenn sie gering waren. Ich hatte die Schnauze davon voll, wie fast jeder Gewinn sich in wenigen Wochen in Verluste verwandelte. Inzwischen habe ich mich besser im Griff. Vor allem, wenn ich davon überzeugt bin, dass ein Unternehmen wirklich gut ist, will ich die entsprechende Aktie wirklich langfristig halten. „Wirklich langfristig“ müsste eigentlich heissen: bis zum Rentenalter (also noch über 25 Jahre), aber auch fünf bis zehn Jahre wären ein guter Anfang. Man darf sich nur nicht dadurch abschrecken lassen, dass ein Heer von Experten predigt, „buy and hold“, „kaufen und halten“, sei tot. 

Manchmal glaube ich, beim Anlegen sei vieles schlicht und einfach Glaubenssache. Ebenso wie jeder die Wahl hat, an einen Gott zu glauben oder Atheist zu sein, kann man an langfristiges Investieren glauben oder an kurzfristiges Traden. Jeder von beiden, der Trader und der Langfrist-Investor, wird behaupten, er sei im Besitz der einzigen Wahrheit. Ich habe mich entschlossen, an „buy and hold“ zu glauben. Ein Blick auf Langfrist-Charts von guten Unternehmen ist dabei hilfreich. Ich habe mir schon überlegt, ein paar solcher Charts auszudrucken und an die Wand zu kleben, zur ständigen Erinnerung. Dass „kaufen und halten“ nicht mit „kaufen und sich schlafen legen“ gleichzusetzen ist, versteht sich von selbst.

PS: Meine neue Einstellung, auf kurzfristige Gewinnmitnahmen zu verzichten, wurde natürlich prompt bestraft: die Aktie, die in meinem Portfolio am meisten gestiegen war, steht inzwischen sogar leicht im Minus. Richtig, es handelt sich um Apple. Allerdings kann ich die Argumentation gut nachvollziehen, dass der Kurssturz von Apple hauptsächlich eine Folge der sogenannten Fiskalklippe ist: US-Investoren, die ihre Gewinne noch dieses Jahr realisieren, zahlen nur 15 Prozent Steuern darauf – nächstes Jahr müssten sie bis zu 40 Prozent zahlen.    

2 Kommentare:

  1. Ja, die "Action Bias" hat schon was. Vor allem in Kombination mit der "Hingsight Bias".

    Mir ist inzwischen das Verhalten der Finanzmärkte egal. Ich schaue zwar, was passiert, aber in Aktionismus verfalle ich nicht. Hat auch ne Weile gedauert.

    Die Lösung ist einfach, vor jedem Investment mit einem Bekannten über das Thema zu reden. Am besten einer der kritisch hinterfrägt...

    Viele Grüße und einen guten Rutsch :)

    Chris von gieristgut.com

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  2. "Hindsight" ist besonders schlimm, denn im Nachhinein weiss man ja alles besser... Natürlich hätte ich Apple verkaufen sollen, als die Aktie bei 700 Dollar war, und die Allianz hätte ich halten müssen :) Solche Gedanken sind ganz schön zermürbend.

    ebenfalls einen guten Rutsch

    Peter

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