Vor Jahren habe
ich im Internet Fernschach gespielt, mit Zeitlimits von 3 bis 7 Tagen pro Zug.
Anfangs waren es nur zwei Partien gleichzeitig, dann drei, dann vier... bis
irgendwann 30 Partien zusammengekommen waren. Ist doch nicht viel, dachte ich,
denn es gibt Leute, die bis zu 100 Partien gleichzeitig spielen. Die Konsequenz
meiner Fernschachsucht : Ich schaute fast stündlich nach, ob einer meiner
Gegner einen Zug gemacht hatte.
Das Fernschach
habe ich längst aufgegeben, doch die ständige Verfügbarkeit des Internets hat
mich zu einem neuen Laster verführt: dem täglichen Kontrollieren meines
Portfolios. Meistens schaue ich sogar mehrmals täglich rein: Wenn der deutsche Markt
aufmacht, wenn Wall Street aufmacht, wenn der deutsche Markt schliesst. Die
paar Minuten Zeitverschwendung kann ich mir doch leisten, oder?
Ja, die
Zeitverschwendung könnte ich mir leisten. Das wirkliche Problem sind die
Auswirkungen der täglichen Kursbeobachtung auf meine Anleger-Psyche. Wer jeden
Tag sieht, wie die Gewinne vom Vortag verschwinden und wie irgendeine Aktie
innerhalb eines Tages 5 Prozent Gewinn macht (und diese 5 Prozent mit den
aktuellen Festgeld-Zinsen vergleicht), der entwickelt zwangsläufig eine
Trader-Mentalität. Zudem überwiegen beim täglichen Betrachten der Entwicklung
des eigenen Portfolios negative Gefühle: Gewinne werden als selbstverständlich
oder verdient betrachtet, während Verluste als völlig ungerecht empfunden
werden. Es soll sogar psychologische Studien geben, die belegen, dass der Ärger
über einen Verlust stets grösser ist als die Freude über einen Gewinn (wenn es
sich um denselben Betrag handelt). Auf mich trifft das jedenfalls zu.
Ich hatte im Blog
bereits mehrmals angedeutet, dass ich zu dem Ergebnis gekommen bin, dass nur
langfristiges Halten von Aktien zum Erfolg führt. Dazu braucht man aber die richtige
Einstellung – und die tägliche Beobachtung der Aktienkurse untergräbt diese
Einstellung. Regelmässig sieht man, wie im eigenen Portfolio bei irgendeiner
Aktie Gewinne von 200 Euro plötzlich zu 200 Euro Verlust werden. Irgendwann
hält man es nicht mehr aus: so, sagt man sich, jetzt nehme ich den Gewinn mit, und
in ein paar Wochen oder Monaten kaufe ich die Aktie zu meinem alten
Einstiegspreis zurück. Manchmal hat man Glück (was einen in seiner
Trader-Mentalität bestärkt) –aber meistens dürfte man damit falsch liegen.
Daher habe ich
mir vorgenommen, mein Portfolio nur noch einmal pro Woche zu checken. Um
besonders heftige Kursbewegungen trotzdem nicht zu verpassen, habe ich mir bei
onvista.de Signale eingerichtet – falls eine Aktie mehr als 10 Prozent fällt
oder steigt, werde ich per E-mail automatisch benachrichtigt.
So weit die guten
Vorsätze... jetzt wird sich zeigen, wie´s in der Praxis klappt.
Also ich schau auch mehrmals täglich nach. Da ich aber fast immer zu 100 Prozent investiert, sind meine Handlungsmöglichkeiten beschränkt. Verkäufe mache ich auch nur unter bestimmten Bedingungen, also wird auch nicht "mal fix Geld frei". Meinst aber nicht auch, dass man sich als Anleger so weit unter Kontrolle haben sollte, dass man nicht ständig wegen ein paar Prozent Schwankungen nervös wird?
AntwortenLöschenEin paar Prozent hin oder her jucken mich wenig, aber für mich persönlich ist es besser, nicht jeden Tag die Kurse anzuschauen - es entstehen zwangsläufig unnötige negative Gefühle und meine Langfristperspektive wird untergraben.
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