Donnerstag, 26. April 2012

1sichten 5: Marktkapitalisierung

Die Serie 1sichten resümiert Einsichten über Fehler, die ich als Kleinanleger begangen habe und begehe - und über Ziele, die ich anstrebe.


Lange Zeit hatte ich nur „large caps“ im Portfolio, Aktien von Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung. Kleine und mittlere Unternehmen („small caps“ und „mid caps“) sind ja viel weniger bekannt, und von unbekannten Firmen wollte ich lieber die Finger weglassen. Ausserdem hatte ich gelesen, dass deren Kurse stärker ausschlagen können – nach oben wie nach unten. Das „nach unten“ machte mir Angst.

Also investierte ich in vermeintlich „sichere“ Unternehmen wie die hier öfters zitierte RWE. Eines habe ich aus dem Sturzflug der RWE-Aktie gelernt: es gibt keine 100prozentig sicheren Unternehmen. Selbst Pennystocks machen mir keine Angst mehr (derzeit zocke ich mit Solarworld – bei dem Preis kann man schon mal 100 Aktien kaufen, und im schlimmsten Fall ist man dann 160 Euro ärmer).

Ich habe mich also entschlossen, zumindest 30 Prozent meines Portfolios in Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen zu investieren. Bei solchen Unternehmen setze ich nicht auf Dividenden, sondern hoffe auf hohe Kursgewinne. Ein Unternehmen, das nur eine Milliarde Euro Börsenwert hat, kann seinen Marktwert nun mal leichter verdoppeln (oder halbieren) als ein Unternehmen, das 40 Milliarden wert ist.

Dies hat sich am Donnerstag bei Rhön-Klinikum gezeigt, dessen Aktie auf einen Schlag über 43 Prozent zulegte, weil Fresenius ein Übernahmeangebot gemacht hat. Der Börsenwert von Rhön-Klinikum betrug vorher rund 2 Milliarden Euro. Hätte er 20 Milliarden betragen, wäre es für Fresenius zehnmal schwerer, Rhön zu kaufen – ein Kurssprung wie am Donnerstag wäre dann wohl unmöglich. Besonders gewiefte Anleger (zu denen ich mich leider nicht zähle) suchen übrigens bewusst nach Firmen, die für solche Übernahmen in Frage kommen.

PS: Derzeit sehe ich in Deutschland keine vielversprechenden Einstiegsmöglichkeiten bei kleinen und mittleren Werten. Ich werde wohl auf den nächsten Ausverkauf warten müssen. 

Sonntag, 22. April 2012

Fallende Messer

Dirk Müller empfiehlt in seinem lesenswerten Buch Crashkurs, nicht in „fallende Messer“ zu greifen und eine Bodenbildung abzuwarten. Sprich: so lange ein Chart nur nach unten zeigt, die entsprechende Aktie lieber nicht kaufen. Max Otte erklärt dagegen, man wisse ja immer erst im Nachhinein, wann sich wirklich ein Boden gebildet hat. Deswegen, so Otte wiederholt in Interviews, stiegen Value-Investoren wie er stets zu früh ein.

 So wie die Insider beim Metro-Konzern, könnte man sagen, dessen Aktie derzeit recht preisgünstig scheint. Bei Kursen zwischen 30 und 35 Euro kauften Insider massiv Metro-Aktien (http://www.finanzen.net/insidertrades/METRO), und der Kurs fiel weiter. Wenn man bedenkt, wie gut die meisten anderen Dax-Werte gelaufen sind und wieviel Aufholpotential Metro theoretisch hat , könnte es einem schon in den Fingern jucken. Aber ich halte es lieber mit Müller und verzichte darauf, in ein fallendes Messer zu greifen – auch wenn die Insider das Gegenteil tun.
METRO OnVista Chart
OnVista – mehr Informationen zur Aktie METRO

Freitag, 13. April 2012

Stammplatz für Google


Google, Microsoft und Apple zählen zu den wenigen Gewinnern in meinem Depot. Am geheimnisvollsten scheint mir die Zukunft von Google, einer Firma, die ganz nebenbei an einem fahrerlosen Auto bastelt oder den Google Lunar X Prize ausschreibt. Oder Leuten wie uns hier blogger.com zur Verfügung stellt.

Ein Blick in die Wikipedia zeigt, dass die Google-Aktie 85 Dollar kostete, als der Konzern im August 2004 an die Börse ging. Heute kostet sie 622 Dollar, also ungefähr 7,3mal so viel. In diesem Fall kann man es tatsächlich bedauern, bei der IPO (Initial Public Offering) nicht dabei gewesen zu sein, im Gegensatz zu den Loser-IPOs der Gegenwart wie Groupon. Noch besser wäre es gewesen, 1986 bei der IPO von Microsoft dabei gewesen zu sein. Laut Wikipedia hat sich der Preis der Aktie (unter Berücksichtigung der Splits) bis Juli 2010 ver288facht. Seit Juli 2010 hat sich nicht viel getan, weswegen ich auf weitere Rechnerei verzichte.

Sollte Google langfristig genauso erfolgreich sein wie Microsoft (was durchaus nicht unmöglich scheint), hätte die Aktie in den nächsten 16 Jahren noch ziemlich viel Spielraum nach oben. Da ich praktisch keinen Tag verbringe, ohne Google zu benutzen, hat die Aktie unabhängig von Analystenmeinungen einen Stammplatz in meinem Portfolio. 

Mittwoch, 4. April 2012

Tipps für Bankberater


Neulich habe ich einen Anruf von einem Bankberater bekommen. Als Angestellter meiner Bank kann er mein Depot einsehen. Ich nehme an, er hat gezielt Kunden ausgewählt, die relativ viele Einzelaktien halten. Dann hat er versucht, mir das Investieren in Einzelaktien madig zu machen: das sei ja viel zu riskant. Die Bank hingegen habe ein Modell, das immer alles richtig mache: einen Fonds, der zum richtigen Zeitpunkt in den Markt ein- und aussteige. Okay, ganz so angeberisch hat er es nicht formuliert, aber der Fonds macht jedenfalls alles besser als ein dummer Privatanleger („dumm“ hat er natürlich auch nicht gesagt).

Normalerweise lasse ich mich auf Verkaufsgespräche gar nicht erst ein, aber ich unterhalte mich gerne über Börse und Märkte. Am Ende des Gesprächs sagte ich ihm, er könne mir gerne Infomaterial schicken.

Danach analysierte ich das Gespräch. Die meiste Zeit hatte der Mann mir lediglich das Stockpicking ausreden wollen, das Kaufen von Einzelaktien. Ziemlich dumm von ihm. Er hatte ja mein Portfolio gesehen und hätte erkennen müssen, dass hier ein begeisterter, wenn auch nicht immer erfolgreicher Stockpicker am Werk ist. Bei alledem hat er nicht viel über sein wunderbares Produkt verraten. Er hat nur gesagt, er könne anhand einer Formel zeigen, wie sein risikoarmes Wunderprodukt im Vergleich mit meinem Portfolio abgeschnitten hätte. Mangels Interesse habe ich nicht weiter nachgefragt. Aber er ist ja der Verkäufer, da hätte er das Produkt auch ohne besondere Aufforderung besser beschreiben müssen.

Bankberater lesen das wahrscheinlich ungern, aber: ich halte meinen Anrufer für jemanden, der A) Kommissionen verdienen will und B) von Vorgesetzten unter Druck gesetzt wird, möglichst viel von einem vorgegebenen Produkt zu verkaufen. Also für jemanden, der in erster Linie eigene Interessen verfolgt.

Er hat mir dann tatsächlich auch was geschickt: zwei Charts mit dem Titel „Vergleich historischer Entwicklungen“. Darauf sind zwei Kurven zu sehen, von denen eine die andere um Längen schlägt. Die bessere Kurve ist natürlich das Wunderprodukt der Bank. Der Mann muss ganz schön unter Stress stehen, denn irgendwie hätte er schon ein Anschreiben in den Briefumschlag stecken sollen. Nichts Individuelles, aber einen Brief halt. Darin hätte er nochmal in ein paar Sätzen sein Wunderprodukt anpreisen sollen. Am besten mit ein paar guten Argumenten. Aber nein, er hat nur einen Screenshot ausgedruckt.

Hier also meine Tipps für Bankberater:

Versuchen Sie nicht, einem begeisterten Stockpicker, und sei er noch so schlecht, das Kaufen von Einzeltiteln auszureden. Empfehlen Sie ihm lieber, einen Teil seines Vermögens in Ihr Produkt zu investieren und dann zu vergleichen – vielleicht ist Ihr Produkt ja tatsächlich besser. Da er viele verschiedene Einzelinvestments besitzt, ist es doch gar nicht so unwahrscheinlich, dass er Ihr Produkt als weiteres Einzelinvestment dazunimmt.

Schicken Sie nicht einfach irgendwelche Screenshots an einen Kunden. Ein Anschreiben (gerne auch standardisiert) gehört einfach dazu. Und ein paar gute Argumente.